Bevor ich euch erzähle, wie es nach der Reha zu Hause weitergeht, möchte ich euch gerne erzählen, welche Erinnerungen ich an die Intensiv- und Rehazeit habe!
Meine Erinnerungen und Wahrnehmungen an die Intensivzeit:
An die ersten Wochen kann ich mich überhaupt nicht erinnern, es begann erst in den letzten Tagen, wo ich dann immer wacher wurde.
Ich kann auch nicht sagen, an was ich mich als erstes erinnere.
Ich beginne mal mit dem Pflegepersonal und den Ärzten.
Ich habe eine Favoritin, meine Lieblingsschwester, weil sie mich irgendwie an meine Oma erinnerte.
Ich wusste ja keine Namen und so bekamen alle in meinem Kopf ihre eigenen Namen von mir. Sie war meine "Indianerin". Sie hatte zerzauste längere Haare, trug immer weitere Klamotten und trug ihre Brille an einer Kette um den Hals. Als ich das Atemtraining machen musste mit dieser schrecklichen Maske stellte sie mir eine Eieruhr hin und stellte die auf 10 Minuten und sagte, ich gehe jetzt schnell eine Rauchen und wenn ich wieder hier bin, nehmen wir die Maske ab. Ich hatte immer Angst vor dieser Atemübung und sie war die Einzige, die Rücksicht darauf nahm, dass weiß ich noch. Sie war so unheimlich einfühlsam und lieb.
Weiter geht es mit meinem Lieblings-Pfleger, ich nannte ihn den Raucher. Ich kann mich an keine einzelnen Situationen erinnern, aber einfach an ihn als Pfleger, er war immer nett und gut drauf. Und er roch nach Rauch. Anfangs waren wir nicht so grün miteinander, er machte seinen Job, natürlich machte er den gut, aber ansonsten kam nichts rüber. Erst Tag für Tag wurde es immer besser, er hat mich gelobt, wenn ich mitgeholfen habe usw. Ich habe noch genau seine Stimme im Ohr. Für mich war er ein wichtiger Mensch in dieser Zeit.
Ein Pfleger ist mir noch in Erinnerung mit krassen blonden Haaren. Er hieß Blondie in meinem Kopf.
Den Stationsarzt nannte ich den Elektriker. Ich dachte auch wirklich er wäre ein Elektriker, weil er öfters mal an den Kabeln und Geräten zu Gange war. Er trug eine Brille und hatte kurze Haare.
Dann düste da immer eine Frau durch das Zimmer und hat gefeudelt, sie trug immer bunte Holzklotzen. Das war die Reinigungsfrau.
Dann der Chinese, ein so netter Mensch, was er genau war weiß ich nicht, er half mir manchmal beim Essen, guckte Fernsehen mit mir, daran kann ich mich erinnern.
Der Mann mit dem Joghurt. Das er Logopäde war und mir das Schlucken beibringen sollte, das wusste ich ja nicht. Er fütterte mich mit Joghurt und stellte mir Fragen. Und er hat zwei Töchter die reiten, daran kann ich mich erinnern, das hat er mir erzählt.
Dann kam da immer ein Mann und stellte mir ein Fahrrad ins Bett, zuerst musste ich nur mit einem Bein treten, dann mit 2 Beinen, wobei ich das rechte Bein nicht spürte. Er war HSV Fan und fand mein Schalke-Kissen doof. Es war der Physiotherapeut, was ich da ja natürlich nicht wusste.
Ich kann mich daran erinnern, dass immer mehrere Menschen um mein Bett standen und der eine Mann in der zweiten Reihe lächelte immer besonders. Es war der Neurochirurg, was ich ja nicht wusste. Er war mein Professor.
Das ich immer dieses Wackenzeichen machte, das weiß ich auch noch, aber warum, das kann ich nicht sagen.
Es wurde immer Blut abgenommen und zum Schluss bekamen sie kaum noch etwas und das tat immer sehr weh.
An alle anderen Schmerzen, die ich bestimmt hatte, kann ich mich überhaupt nicht erinnern.
Ich hatte schlimme Träume, die mich noch lange hier zu Hause beschäftigt haben. Es ging um Pferde, Schäferhunde, Wölfe, ein ganz schlimmer Traum war das. Ich überlege heute manchmal noch, was es wohl zu bedeuten hatte. Gruselig war das.
Es lief immer der Fernseher oder das Radio. Ich durfte selber umschalten.
Ach ja, es war der Pastor bei mir am Bett, das war für mich ganz blöd, weil ich nicht wusste warum der da war. Er stand einfach da und sagte nichts. Ich habe dann nach seinem Schild gegriffen der am Pullover hing. Das weiß ich noch. Meine Frau stand auch am Bett und sagte nichts, ich konnte damit nichts anfangen und war verunsichert.
An allen anderen Besuch kann ich mich vage erinnern, dazu äußere ich mich hier nun nicht weiter.
Die Geräte, sie piepten immer mal wieder, dieses Piepen, wenn ich es heute irgendwo im Fernseher oder so höre, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.
Ich wurde mal mit dem Bett herumgefahren. Ich vermute mal zum Röntgen oder ähnliches, was ich da ja nicht wusste. Es sind manchmal auch nur kleine Momente und Ausschnitte, an die ich mich erinnern kann.
An den Abschied kann ich mich erinnern, der Mann mit dem Fahrrad (Physiotherapeut) gab mir die Hand und auch der Elektriker (Stationsarzt) sagte Tschüss. Was sie genau sagten, weiß ich nicht mehr oder ich habe es einfach nicht verstanden. (Was genau sie gesagt haben kann man am 36ten Tag in der Geschichte lesen).
Die Fahrt im Krankenwagen, als es von Flensburg nach Eutin ging (was ich ja nicht wusste), da saß ein Mann die ganze Zeit bei mir.
Ich weiß noch, dass meine Frau am Anfang kurz mit im Krankenwagen war und ich ihr dann sagte sie muss rausgehen, nicht dass sie hier noch eingesperrt wird.
Und jetzt die Zeit in der Raha:
Ich war ja auf insgesamt 3 verschiedenen Stationen, wobei ich absolut keine Erinnerungen an die erste Station habe. Auch keinerlei Erinnerungen als ich dort ankam und die ersten Momente, kein Stück.
So beginne ich bei der zweiten Station.
Es wurde mir anfangs immer das Essen ans Bett gebracht, später musste ich dann draußen an einem großen Tisch essen.
Als ich noch nicht selbständig aufs Klo konnte, musste ich immer Bescheid sagen. Aber irgendwie habe ich das nie rechtzeitig geschafft, ich habe dann ins Bett gemacht, dann geklingelt und musste immer warten. So lag ich da manchmal bis zu einer Stunde in meiner eigenen Scheisse. Das war sehr unangenehm.
Meine Gedanken waren immer das ich nach Hause wollte. Und eins hatte sich eingebrannt bei mir, und zwar sagte meine Frau zu mir, "Peter, wenn der Rollstuhl weg ist und du wieder mehr alleine kannst, dann kannst du nach Hause" .
Von dem Tag an drehte sich bei mir alles nur noch ums Laufen lernen. Jetzt im Nachhinein war es schon leichtsinnig von ihr, sowas zu mir zu sagen, es hätte ja sonst was passieren können oder es hätte ja auch sein können, dass ich gar nicht mehr laufen kann.
Aber auf der anderen Seite hat es meinen Kampfgeist noch mehr angespornt und wie man sieht, hab ich es tatsächlich in kürzester Zeit geschafft zu laufen, womit ja scheinbar niemand gerechnet hätte.
Trotz all dem Kampfgeist usw hatte ich zu keinem Zeitpunkt realisiert, dass ich einen Schaden im Kopf hatte und deshalb alles lernen musste. Ich nannte und nenne es für mich einen "Unfall" den ich hatte.
Dann kamen auf der zweiten Station immer neue in mein Zimmer. Aber alle die da mit mir lagen überließen mir die Fernbedienung für den Fernseher, das war gut. Es arbeitete dort ein Pflegerpärchen, also Mann und Frau, die waren hammer nett zu mir. Ich freute mich immer wenn die Dienst hatten. Manchmal haben die beiden auch ihre Stundenzettel bei mir im Zimmer geschrieben.
Und irgendeine ältere Pflegerin hat mir immer morgens früh Pferdezeitschriften und Zeitungen mitgenommen, ich habe mir dann die Bilder angeguckt.
Ich bin immer gerne mit dem Rollstuhl durch die Gegend gefahren auf der zweiten Station, da saßen immer 2 Mädchen im Rollstuhl an einem Tisch, wir haben uns immer gegenseitig gegrüßt. Die beiden Mädchen haben sich dann immer gefreut, hatte ich das Gefühl.
Zum Sprechen üben (Logopädie) hatte ich eine ganz blöde Kuh, die mochte ich überhaupt nicht. Wie ich sie nenne schreibe ich hier lieber nicht. Jedenfalls hat sie ihren Beruf nicht gemacht weil sie Spaß dran hatte sondern nur um Ihre Zeit herumzukriegen. Ich weiß nur noch das sie redete und redete und ich habe kein Wort verstanden. Als ich sagte halt ich verstehe nichts, redete sie immer weiter. Daran habe ich sehr negative Erinnerungen.
Die Physiotherapie nannte und nenne ich Turnen. Da waren immer mal andere Therapeuten. Und beim Turnen bemerkte ich dann auch irgendwann mal, dass ich einen Katheter hatte. Ich dachte so, mensch, was nervt da so am Hosenbein, als ich schaute sah ich diesen Beutel, festgeklemmt an meinem Hosenbein. Das ich dieses Teil bereits über 7 Wochen hatte, hab ich nicht realisiert. Aber nach dieser Turnstunde stand für mich fest, dieses Teil muss weg und dann kann ich auch wieder alleine aufs Klo. Gesagt, getan, dem Pfleger der Nachtschicht hatte sagte ich oder zeigte ich, dass bis morgen früh der Katheter raus muss. Wie genau ich ihm das mitteilte weiß ich nicht, aber er schien mich verstanden zu haben, denn am nächsten Morgen gegen 5 Uhr kam er zu mir und zog den Schlauch.
Da ich mittlerweile alleine vom Bett in den Rollstuhl kam, bin ich ab dann oft zum Klo gefahren, ich musste dann immer die Tür auflassen und es guckte immer einer zu. Das wollte ich aber auch nicht mehr und somit ging das ab Zeitpunkt X alles von alleine.
Ich war auch der Einzige, der morgens zwischen 5 und 6 Uhr Kaffee bekam, ich saß dann immer schon an dem großen Tisch und die Pfleger oder Schwestern brachten mir eine Kanne Kaffee.
Außer das "in der Scheiße liegen und warten bis endlich einer kommt" habe ich nur gute Erinnerungen an die zweite Station.
Nun wurde ich dann auf diese Horrorstation verlegt, die dritte Station, ganz weit oben im Dachgeschoss.
Da kann ich mich noch an fast alles erinnern.
Besonders blöde Momente waren zum Beispiel, dass ich mit einem Typen aus dem Knast im Zimmer lag. Er hatte so ein Überwachungsband um, pinkelte nachts ins Waschbecken und war ziemlich spuki, er suchte ständig seine Zigaretten, kippte dafür mehrmals täglich seine Plastiktüte aus und wieder ein. Er hat mir nichts getan oder so, aber das hat mir Angst gemacht.
Dann musste ich immer sagen das ich rauche, wenn ich raus wollte, sonst hätten die mich gar nicht rausgelassen.
Denn auf dieser Station wurde alles abgeschlossen, sogar der Fahrstuhl. Man musste immer fragen oder sogar betteln, um raus zu dürfen.
Als ich eines Tages draußen herumlief um Empfang zu suchen, damit ich meine Frau anrufen kann, kam ein Pfleger hinter mir hergerannt und machte mich blöd an, ich soll nicht weglaufen und so. Danach war ja dann das Spektakel das man mich längere Zeit einsperrte. Die Geschichte kennt ihr ja schon.
Auch hier bekam ich nach ein paar Tagen morgens zwischen 5 und 6 Uhr meine Kanne Kaffee. Hat ein bisschen gedauert bis die es da verstanden haben. Aber dann lief es reibungslos! Das Pflegepersonal hat dann immer extra für mich so früh morgens das große Esszimmer aufgeschlossen, damit ich mich dahin setzen konnte.
Leider gab es kein Klo auf dem Zimmer, es gab nur ein Gemeinschaftsbad auf dem Flur.
An meinen Besuch kann ich mich gut erinnern, bei einigen negativ, bei einigen positiv.
In dem großen Esszimmer saßen wir immer zu den Mahlzeiten alle gemeinsam am Tisch und haben gegessen. Keiner sagte etwas, ich fühlte mich da unwohl und hätte lieber alleine gegessen, so wie auf der zweiten Station, da hatte ich den großen Tisch für mich alleine.
Als ich anfing eigenständig zu stehen (mit Gehhilfe) haben wir beim Turnen Bälle hin und her geworfen. Der Therapeut meinte dann, Peter, du kennst das aber mit dem Ball, hast du mal Fußball gespielt... Ich sagte oder zeigte ihm dann, dass ich beides gespielt habe, Handball und auch Fußball. Er sagte, das kann man merken.
In meiner letzten Turnstunde sagte er dann, dass ich mir aussuchen darf was wir machen, ich habe mir gewünscht das wir draußen spazieren. Und das machten wir auch.
An eine Situation beim Turnen kann ich mich noch voll erinnern, die erzähle ich heute noch immer jedem. Ich sitze auf einem Fahrrad (Heimtrainer) und neben mir sitzt eine ältere Dame auch auf so einem Fahrrad. Sie fuhr und fuhr und fuhr, als wäre sie bei der Tour de France. Ich hingegen musste alle paar Sekunden Pause machen, weil ich pusten musste.
Genau diese Dame ließ ich jetzt nicht mehr aus den Augen, so gut wie sie möchte ich auch werden. Bei der nächsten Station sollten wir dann laufen lernen. Und siehe da, so gut wie sie auch Fahrrad fahren konnte, so schlecht funktionierte das Laufen bei ihr. So hat jeder andere Defizite.
An besondere Pfleger oder Schwestern erinnere ich mich auf der dritten Station nicht, ein netter Pfleger kam kurz vor Ende meiner Zeit dort. Leider konnten wir uns nicht richtig kennenlernen.
An die Abholung aus der Reha kann ich mich noch sehr gut erinnern, es konnte für mich nicht schnell genug gehen, endlich aus dieser Anstalt raus zu kommen. Für mich war es am Ende wie ein Gefängnis.
Ich war froh, dann endlich zu Hause zu sein!!