Tag 36 aus dem Tagebuch!
Gegen 09.30 Uhr fahre ich los zu dir.
Als ich das Zimmer betrete schläfst du. Ein ganz anderer Anblick heute Morgen, du lagst da komplett angezogen, total dünn und blass. Ich habe davon ein Foto gemacht.
Der Physiotherapeut war bei dir, er hatte kurz zuvor noch mit dem mobilen Bett-Fahrrad mit dir trainiert, damit du schön müde bist für die lange Fahrt nachher. Er sagte, dass es jetzt auch Zeit wird, dass du in die Reha kommst, du hast da keine Lust mehr, das konnte man merken.
Da wurdest du wach. Der Physiotherapeut verabschiedete sich von Dir "So Peter, nun geht es gleich los für dich, streng dich an, ich weiß, dass du es schaffen kannst"
Boah, ich musste mir die Tränen verdrücken, heute war sowieso ein emotionaler Tag irgendwie, ich hatte das Gefühl, ich könnte einfach nur heulen, die ganze Zeit. War es Erleichterung, dass diese Angst nun weg war, du könntest jederzeit sterben... War es die Angst vor der Zukunft, diese Ungewissheit... War es, weil ich jetzt nicht mehr jeden Tag für dich da sein konnte... Ich wusste nicht warum ich mich gerade so fühle...
Aber ich wollte dir jetzt auf keinen Fall zeigen wie traurig ich bin und unterdrückte es einfach.
Wir mussten bis 11.30 Uhr warten, dann kamen die Sanitäter, die dich im RTW zur Reha fahren sollten.
Der Stationsarzt verabschiedete sich mit sehr lieben Worten von dir, er sagte, "Herr Schröder, sie werden es schaffen, ich glaube ganz fest daran. Sie haben bis hierher so viel gekämpft, machen sie bitte weiter so. Und tun sie sich bitte den Gefallen und fangen sie nicht wieder mit dem Rauchen an. Ich wünsche Ihnen alles Gute." Boah, schon wieder so rührende Worte, (dass er das mit dem Rauchen sagte fand ich total gut, hoffentlich ist es bei dir angekommen)...
Du sagtest klar und deutlich "Danke" und gabst dem Arzt die Hand.
Der Arzt gab mir den Entlassungsbrief.
Ich durfte dich begleiten bis zum Rettungswagen. Es war ein langer Weg dorthin. Als wir in einem Fahrstuhl waren stand ich an deiner linken Seite. Du gucktest mich an, so traurig und hilflos, mit deiner linken Hand hast du mein Gesicht gehalten und gestreichelt, ich hielt deine Hand ganz fest. Dir liefen die Tränen. Mir zerbrach es das Herz in dem Moment und es tat richtig weh, dass Weinen zu unterdrücken. Ich konnte auch in dem Moment nichts sagen, ich schloss die Augen, schluckte das Weinen herunter und küsste deine Hand, die mich fest hielt. Als ich dir die Tränen aus dem Gesicht wischte, ging der Fahrstuhl auch schon wieder auf.
Im Rettungswagen angekommen bereiteten die Sanitäter alles für die Abfahrt vor, ich durfte durch die Seitentür noch kurz zu dir rein um mich zu verabschieden. Unter anderem sagte ich dir, dass ich dich am Wochenende besuchen komme und dass ich zwischendurch mal dort anrufe um zu fragen ob alles gut ist. Alles schaffte ich ohne weinen, weil es ja nun auch schnell gehen musste. Du wurdest dann etwas nervös und meintest "schnell, bevor" und zeigtest zur Seitentür. Ich musste kurz überlegen, dann verstand ich, du wolltest das ich aussteige bevor die losfahren. Ich gab dir noch einen Kuss und stieg aus.
Als ich weglief drehte ich mich noch kurz um und machte ein letztes Foto, der RTW in dem du nun lagst und losfuhrst.
Ab dem Zeitpunkt viel alles von mir ab, ich heulte wie ein Schlosshund, die ganze Tour zum Auto und den ganzen Weg nach Hause.
Nachmittags um ca. 16.30 Uhr rufe ich in der Rehaklinik an. Es ist ein junger Pfleger am Telefon. Er erzählt mir, dass du gut angekommen bist. Im Moment hast du noch Glück und liegst alleine in einem Doppelzimmer. Du machst einen wachen Eindruck.
Ich fragte dann noch nach den Besuchszeiten, da ich/wir dich am Sonntag besuchen kommen wollen. Besuchszeiten sind täglich ab 15 Uhr, sonntags dürfte man aber auch gerne schon ab 14 Uhr dort sein, da dann ja keine Therapien sind. Das Gespräch ist beendet.
Ich werde an den Tagen, an denen ich nicht da sein kann immer mal dort anrufen, um nach dir zu fragen.
Hier nun die Bilder
Da liegst du, gezeichnet von den letzten 5 Wochen...
Da liegst Du nun im RTW und sollst gleich los zur Frühreha...
Hier die letzten 5 Wochen in Kurzform auf einem Stück Papier...